Reiterstaffel Offices in Köln

Der Werkstadt Baustellen-Talk

Das Kölner Quartier Reiterstaffel ist ein Wohn- und Gewerbeviertel mit Wohnungen, Einzelhandel, öffentlichen Einrichtungen und Büroflächen. Der Beitrag von Werkstadt Fischer Architekten für den Realisierungswettbewerb Reiterstaffel Offices wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Gerade beginnt der Ausbau – Zeit für einen Besuch auf der Baustelle mit dem Werkstadt-Team um Büroleiter Markus Brinkmann und den Bauherren Paul Wirtz-Giebel von Bauwens Development und Dolores Slania von Swiss Life Asset Managers, die das Projekt im Joint Venture realisieren.

In welcher Projektphase befinden wir uns gerade?

Markus Brinkmann: Im Frühjahr wurde der Rohbau abgeschlossen. Die Fassadenelemente sind bereits installiert und gerade hat der Innenausbau begonnen. Für unser Projektteam ist das die spannendste Phase: Was wir in jahrelanger Detailarbeit geplant haben, wird Realität. 

Paul Wirtz-Giebel: Die aktuelle Bauphase schreitet sehr schnell voran, aber auch der Rohbau war schon nach sechs Monaten fertiggestellt. Das ist das Ergebnis einer guten Planung, in der viele Detailprüfungen notwendig waren, um unter anderem die Fassade zentimetergenau zu platzieren.

Die Fassade wurde mit Fertigelementen in Sandwichbauweise geplant – wie war der erste Eindruck von der Ausführung?

Marian Schmitt: Diese Fassade fertig installiert zu sehen, war für mich als Projektleiter ein großer Aha-Effekt – aber sie ist exakt so geworden, wie wir uns das vorgestellt haben: Die Kombination von glattgeschalten und gewaschenen Betonelementen schafft einen starken visuellen Eindruck. Wir sind sehr glücklich, dass wir uns zusammen mit der Bauherrschaft  für diese Art der Oberflächenbehandlung entschieden haben.

Was sagt die Bauherrschaft zur Fassadengestaltung?

Dolores Slania: Die Fassade ist für mich ein absolutes Schmuckstück – architektonisch wie technisch. Besonders an dieser Fertigteilfassade sind ihre fast 500 unterschiedlichen Einzelteile und dass die Konstruktion selbsttragend ist. Die Architekten haben mit uns gemeinsam eine moderne Fassadengestaltung realisiert, die durch die tragende Struktur der Fertigteile eine Reduktion des Materialverbrauchs im Innenraum ermöglicht – was im Klartext bedeutet, dass wir die Anzahl der Stützen auf ein Minimum reduzieren konnten.

Nachhaltigkeit spielte in der Entwurfsplanung eine zentrale Rolle. Was war das Ziel?

Markus Brinkmann:  Wir wurden zusammen mit vier weiteren Kölner Büros zum Wettbewerb eingeladen. Dass wir als Sieger hervorgegangen sind, lag sicher daran, dass wir dieses Gebäude völlig anders konzipiert haben, als es ursprünglich im Bebauungsplan vorgesehen war. Wir haben das Grundstück aus einer neuen Perspektive betrachtet und uns Fragen gestellt: Wie kann man die Struktur anders und zeitgemäßer aufteilen? Wie können wir unsere bewährten X-Site-Typologien aus der Entwicklung des erfolgreichen Mannheimer Business-Quartiers Eastsite hier umsetzen? Wie können wir den tollen Baumbestand erhalten? Und wie können wir das Projekt nachhaltig, im Sinne unseres Werkstadt-Prinzips realisieren? Auf diese Fragen konnten wir mit unserem Wettbewerbsbeitrag Antworten liefern – und am Ende die Unternehmen Bauwens Development und Swiss Life Asset Managers von uns überzeugen.

„Wenn man Pionierarbeit leistet, muss anfangs auch mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden. Letztlich überzeugen wir mit guten Argumenten – ich denke, dass genau das unsere Stärke ist.“

Markus Brinkmann, Büroleiter Werkstadt Fischer Architekten Köln

Paul Wirtz-Giebel: In einer Zeit, in der neue umweltpolitische Rahmenbedingungen integriert werden müssen, hat uns das Werkstadt-Team als starker Partner an unserer Seite gestanden, der auch im Bauablauf noch Planungsänderungen umsetzen konnte. Ich selbst kam ja erst vor zwei Jahren operativ zu diesem Projekt. Ich bin vom Werkstadt-Team optimal in alle Planungsthemen eingeführt worden, nicht zuletzt durch Abstimmungen mit dem BIMx-Modell. 

Markus Brinkmann: Wir haben den gesamten Entwicklungsprozess im BIM-Standard geplant. Durch das zur Verfügung gestellte BIMx-Modell konnte die Bauherrschaft jederzeit auf ein 3D-Gebäudemodell zugreifen und mit uns jeden Punkt des Gebäudes virtuell auf dem iPad begehen.

Paul Wirtz-Giebel (Bauherrschaft Bauwens Development) und Markus Brinkmann (Büroleiter Werkstadt Fischer Architekten Köln)

Welche Rolle spielte nachhaltige Konstruktion bei diesem Projekt?

Marian Schmitt: Der alte Bebauungsplan hatte ja eine in großen Bereichen ein- bis dreigeschössige, also völlig überholte Gebäude-Bauart mit immensem Flächenverbrauch vorgesehen. Wir haben genau das Gegenteil entworfen und eine neue Kompaktheit geschaffen: Höher und schmaler, die Gebäudemasse also in der  Grundfläche reduziert. So konnten wir vorhandene Grünflächen und drei große Bäume erhalten und öffentlich zugänglich machen. Um Kosten und Ressourcen zu sparen, gibt es nun statt mehrerer Treppenhäuser ein zentrales Treppenhaus pro Gebäudeteil. Das steigert die Flächeneffizienz erheblich.

Raphael Floris: Wir haben bei diesem Projekt auch unsere Mannheimer Erfahrungen der Betonsandwich-Bauweise umgesetzt. Die Fassaden übernehmen eine tragende Funktion, so dass im Gebäudeinneren bei großen Deckenspannweiten ein fast stützenfreier Grundriss entsteht. Das spart enorme Ressourcen allein schon beim Beton. Außerdem lassen sich viele verschiedene Grundrissoptionen realisieren. Das Gebäude lässt sich auch für zukünftige Nutzungstrends anpassen. Ein anderes Beispiel ist die Ausführung der Tiefgarage. Wir haben den Boden gepflastert statt betoniert und konnten so eine dicke Bodenplatte einsparen.

Das Werkstadt Fischer Architekten-Projektteam: David González Ferreño, Raphael Floris (obere Reihe von links); Markus Brinkmann, Marian Schmitt (untere Reihe von links)

Erstmals wird bei diesem Projekt das innovative Trockenbausystem Stramen.tec auf Strohbasis installiert. Warum?

Paul Wirtz-Giebel: Damit die Reiterstaffel Offices höchste Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, haben wir uns für das innovative Trockenbausystem Stramen.tec entschieden. Claus Fischer, der Geschäftsführer von Werkstadt Fischer Architekten, hat uns mit dieser Entwicklung überzeugt. Das System auf Stroh-Basis funktioniert als klimapositiver CO2-Speicher, ist schnell und ressourchenschonend zu verarbeiten und optimal recylebar. 

Markus Brinkmann: Wir sind in der glücklichen Lage, mit den beiden Bauherren Bauwens und Swiss Life Asset Managers zwei sehr progressive Bauherren zu haben, welche die Zeichen die Zeit erkannt haben. Dank des nachhaltigen Gebäude-Konzepts können Sie diese positiven Effekte nun für die Vermarktung nutzen.

Bei der Planung der Reiterstaffel Offices wurde viel Pionierarbeit geleistet. Stößt man dabei auch mal auf Widerstände?

Markus Brinkmann: Alles was neu ist, wird oft als ein Risiko für gelernte Abläufe betrachtet. Wenn man Pionierarbeit leistet, muss dann anfangs auch mal mehr Überzeugungsarbeit leisten. Letztlich überzeugen wir mit guten Argumenten – ich denke, dass genau das unsere Stärke ist. Mit unserem Werkstadt-Prinzip konnten wir auch den Gestaltungsausschuss der Stadt Köln überzeugen. Unsere Entwurfsplanung wurde mit nur wenigen Änderungswünschen problemlos durchgewunken. 

„In einem Joint Venture ist die transparente Kommunikation der Schlüssel für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Erfolg. Im Rückblick auf die vergangenen Jahre kann ich sagen, dass uns das recht gut gelungen ist.“

Dolores Slania, Swiss Life Asset Managers

Welche Rolle spielt die Kommunikation bei einem konsequent nachhaltig konzipierten Bauprojekt?

Markus Brinkmann: Eine sehr wichtige Rolle. Es ist dabei selbstverständlich, den beiden Bauherren zu kommunizieren, was das Gebäude alles kann, aber auch für den Immobilienentwickler sind Informationen zur Nachhaltigkeit relevant. Unserer Erfahrung nach wird der Aspekt Nachhaltigkeit auch von den Nutzern immer stärker nachgefragt.

Dolores Slania: Ich kann Herrn Brinkmann an dieser Stelle hundertprozentig zustimmen. In einem Joint Venture ist die transparente Kommunikation der Schlüssel für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Erfolg. Im Rückblick auf die vergangenen Jahre kann ich sagen, dass uns das recht gut gelungen ist. Darauf sind wir sehr stolz!

 

Markus Brinkmann, Leiter des Büros Werkstadt Fischer Architekten in Köln

„In Zusammenarbeit mit Werkstadt Fischer Architekten finden wie immer  Wege, optimale Lösungen zu finden. Dieses Teamwork macht wirklich sehr viel Freude.“ 

Paul Wirtz-Giebel, Projektleiter Bauwens Development

Lässt sich die Nachhaltigkeit des Gebäudes belegen und bemessen?

Raphael Floris: Ich hatte die Projektleitung während der Planungsphase und unser Ziel war eine Gold-Zertifizierung der DGNB, der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. Durch die konsequente Anwendung unseres Werkstadt-Prinzips haben wir jetzt letztendlich sogar den DGNB-Platin-Status erreicht. Die Analyse der Daten zeigt, dass wir mit diesem Gebäude unter anderem extrem gut darin sind, graue Energie zu minimieren – also jene Energiemenge, die aufgrund von Herstellung, Transport und Entsorgung eines Produkts benötigt wird.

Was ist die aktuelle Herausforderung auf der Baustelle?

David González Ferreño: Aktuell geht es gerade intensiv los mit typischen Problemen wie Maßabweichungen oder alternativen, abweichenden Produkten oder Materialien. Wenn wir bemerken, dass eine andere Ausführungsart oder andere Produkte zum Einsatz kommen soll als von uns geplant und angefordert, wägen wir ab und klären, ob die Anwendung in Ordnung und gleichwertig ist. Dabei können wir allerdings nur unsere Planungsvorgabe erläutern, denn wir sind nicht mit der Bauleitung beauftragt. Dennoch haben wir immer unsere Augen auf der Baustelle und sind hier regelmäßig präsent, um den erfolgreichen Baufortschritt zu prüfen.

Herr Wirtz-Giebel, welche Bedeutung hat für Ihr Unternehmen das Projekt Reiterstaffel Offices und die Zusammenarbeit mit Werkstadt Fischer Architekten?

Paul Wirtz-Giebel: Der Bauabschnitt mit den Office-Gebäuden hat für uns eine große Bedeutung, da es der letzte Bauabschnitt des Gesamtprojekts Reiterstaffel ist – dem aktuell größten Quartiersentwicklungsprojekt in Köln. Bereits 2007 wurde das Grundstück angekauft und über eine lange Laufzeit haben Bauwens Development und Swiss Life Asset Managers das Projekt begleitet. Ich weiß, dass ein Großprojekt wie dieses gerade in Zeiten, in denen neue Rahmenbedingungen gesetzt werden, für Architekten eine Herausforderung ist. Aber hier finden wir in Zusammenarbeit mit dem Werkstadt Fischer Architekten-Büro immer Wege, optimale Lösungen zu finden. Dieses Teamwork macht wirklich sehr viel Freude. 

Interview: Ralf Laubscher / LA.MAG

Fotos: Jessylee Photographie

Das Werkstadt Fischer Architekten-Projektteam: David González Ferreño, Marian Schmitt, Markus Brinkmann, Raphael Floris (v.l.n.r.)