Ressourcen schonen mit Recycling-Beton
Neue Materialqualität durch Forschungsarbeit
Tags: Betontechnologie, Recyling-Beton, Forschung, Nachhaltig
Der Einsatz von Recyclingbeton kann den Verbrauch von primären Rohstoffen wie Kiesel oder Split nachhaltig reduzieren. Warum die Baustoffqualität dabei die entscheidende Rolle spielt, erklärt Dominik Wirtgen im Interview.
Warum ist die Verwendung von Recyling-Beton ein sinnvoller Ansatz?
Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen kann deutlich reduziert werden. Bei der Herstellung von R-Beton werden recycelte Baustoffabfälle anstatt natürlicher Zuschlagstoffe genutzt. Um diesen Beton aber in anspruchsvollen Projekten anwenden zu können, mussten wir den Baustoff in einem interdisziplinären Team qualitativ weiterentwickeln.
Was war das Ziel dieser Entwicklung?
Das Ziel war es, R-Beton so herzustellen, dass damit höherwertige Betonfestigkeitsklassen erreicht werden. Gemeinsam mit unseren Partnern, der TBS Rhein-Neckar und dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, gingen wir der Frage nach und waren erfolgreich: Letztlich erwirkten wir für die Realisierung des Bürohauses Eastsite VIII die bauaufsichtliche Zustimmung im Einzelfall.
Wie wurde Recyling-Beton beim Bürohaus Eastsite VIII eingesetzt?
Bei dem Bürohaus Eastsite VIII verwendeten wir erstmals R-Beton für das Ortbetontragwerk. Aber nicht nur deshalb wurde über das Bauwerk viel berichtet. Es war zudem das erste Bürohaus weltweit, das wir in Textilbeton-Sandwichbauweise ausführten. Außenschale und Verankerung der Sandwichelemente wurden nicht mit Stahl, sondern mit tragender, nicht-korrodierender Glasfaserbewehrung, der sogenannten Textilbewehrung, ausgeführt. Durch diese Fertigungstechnik entstehen extrem schlanke Konstruktionsquerschnitte. Zugleich konnte die Gebäudehülle wärmebrückenfrei ausgeführt werden. Insgesamt unterschreitet Eastsite VIII die jeweils gültigen Grenzwerte der EnEV um 50 Prozent, weil eine aus Geothermie gespeiste Bauteiltemperierung heizt und kühlt; die sehr massive Bauweise des Hauses steigert dabei den Wirkungsgrad. Die hochgedämmte Gebäudehülle sowie die geregelte Lüftung mit Wärmerückgewinnung minimieren Emissionsverluste. Eine PV-Anlage, die zu 100 Prozent auf Eigenverbrauch ausgelegt ist, komplettiert das System.
Wie ist der Stand heute – 10 Jahre nach dem Forschungsprojekt?
Wenn man wie wir bei Werkstadt Fischer Architekten mit Beton nachhaltig und umweltgerecht bauen will, ist der Einsatz von Recyling-Beton eine ergänzende sinnvolle Maßnahme zur Minimierung des Ressourcenverbrauchs. Wir setzen RC-Schotter heute in Kombination mit CO²-reduziertem Zement ein und verbessern dadurch die Gesamtbilanz des Baustoffes deutlich.
Was ist die Zukunftsperspektive?
Heute ist man sich über das CO²-Bindungspotential von Recycling-Schotter durch Carbonatisierung viel bewusster. Der natürliche Effekt wird teilweise schon bei der Recyclingaufbereitung genutzt. Durch die Zugabe von reinem CO² – zum Beispiel als Abfall aus der Zementproduktion oder aus Biogasanlagen – verringert sich die Prozesszeit und erhöht sich der Wirkungsgrad des Bindungsprozesses. So lassen sich große Anteile des bei der Zementproduktion angefallen CO² dauerhaft im Beton rückspeichern. Also mehr Zirkularität auf höherer Ebene als „nur“ Recycling!
Fachlicher Beitrag:
- Projektleitung
- Mitwirkung bei der bauaufsichtlichen Zulassung
- Baubetreuung
In Zusammenarbeit mit:
- TBS Rhein-Neckar GmbH & Co. KG, Mannheim – Hersteller von Recyclingbeton
- ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Heidelberg
In den Medien:
- Peter W. Ragge: „Richtfest für Eastsite VIII – Bürohaus mit goldenen Fenstern”, Mannheimer Morgen, 26.10.2015
- Hartmut Suckow: „In der Metropolregion Rhein-Neckar auf Sommertour: Wohnen im Industriedenkmal und Betonmüll zu Baukunst”, Immobilien Report, 17.09.2015, Seite 3
- Thorsten Langscheid: „Umweltfreundlich bauen und dabei Geld sparen”, Mannheimer Morgen, 04.08.2015
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